Geschichte

Unser heutiges Energiesystem ist das Ergebnis einer etwa 200-jährigen Entwicklung.

  • Die leitungsgebundene Energieversorgung vom Kraftwerk zu den Verbrauchenden hat sich über viele Jahrzehnte entwickelt. Ihren Anfang nahm die zentrale Energieverteilung – ein Versorger beliefert mehrere Haushalte und Unternehmen mit Strom, Gas oder Wärme – im frühen 19. Jahrhundert in London, wo erstmals Gasleitungen Straßenlaternen speisten.

  • Mitte des 19. Jahrhunderts setzte die Entwicklung unserer modernen Stromversorgung ein, angestoßen durch die Entdeckung des elektrodynamischen Prinzips. 1866 erfand Werner von Siemens die Dynamomaschine – ein Meilenstein, weil sie in beide Richtungen funktionierte: Sie konnte Bewegung in Strom umwandeln – und Strom in Bewegung.

  • Seit dem ersten Viertel des 20. Jahrhunderts wurden über immer mehr Stromnetzkilometer auch ländliche Regionen an die Kraftwerke und damit an die Energieversorgung angebunden.

  • Die deutschen Wirtschaftswunderjahre nach dem Zweiten Weltkrieg brachten einen bis dahin ungekannten Energiebedarf. Vor diesem Hintergrund wurden Braun- und Steinkohle, die bisher für die Stromerzeugung verwendet wurden, nun durch Kernenergie ergänzt. Strom schien zu Beginn der 1970er nahezu unbegrenzt verfügbar zu sein. Am 26. April 1986 kam es dann zur Nuklearkatastrophe in Tschernobyl, was den Blick auf die Kernenergie veränderte: Die Gefahren sorgten für immer mehr Skepsis gegenüber der Kernkraft.

  • Im März 2011 kam es in Fukushima, Japan, infolge eines schweren Erdbebens und Tsunamis zu einer Kernschmelze in mehreren Kernreaktorblöcken, einem der gravierendsten Atomunfälle der Geschichte. Dieses Ereignis leitete in Deutschland das Ende der Kernenergienutzung ein. Mit dem Bundestagsbeschluss vom 30. Juni 2011 wurde das Aus für die Stromerzeugung aus Kernkraft endgültig besiegelt. Übrig blieb die Aufgabe, den immensen Energiebedarf von Industrie, Gewerbe, Verkehr und Haushalten zu bewältigen – in Deutschland und Europa. Getrieben von der Ölkrise 1972 und der erkannten Gefahr der Kernenergienutzung traten technische Innovationen auf den Plan der Energieversorgung.

  • Windkraft und Solarenergie wurden durch technische Entwicklungen für die Energieversorgung in großem Maßstab nutzbar: 1987 wurde an der Nordseeküste der erste deutsche Forschungs-Windpark eröffnet. 1988 wurde die Photovoltaikanlage Kobern-Gondorf errichtet, die bei Fertigstellung mit einer Spitzenleistung von 340 kWp die größte derartige Anlage in Europa war. Die Nutzung der erneuerbaren Energien nahm ihren Lauf. Um den gesamten Bruttostromverbrauch Deutschlands (Stromverbrauch inklusive Verluste und Eigenverbrauch der Kraftwerke) des Jahres 2024 in Höhe von 518 TWh zu decken, lieferten die stärksten erneuerbaren Energien folgende Strommengen: Windkraft an Land 112 TWh, Photovoltaik 75 TWh und Biomasse 44 TWh. So stammen heute bereits rund 55 Prozent des in Deutschland insgesamt verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Quellen – Tendenz steigend.

  • Person schaut hoch zu Umspannwerk
    Windkraftanlage, Kaiser-Wilhelm Koog, 1985

    Heidelberg GmbH/CC BY 3.0

  • Um bis zum Jahr 2030 den Erneuerbare-Energien-Anteil auf 80 Prozent zu erhöhen, müssen immer mehr entsprechende Anlagen errichtet werden. Im Jahr 2024 wurden in Deutschland neue rund 17 GW Photovoltaik-Anlagen, 3 GW Windenergieanlagen an Land und 1 GW Windenergieanlagen auf See errichtet.

Doch über alle Entwicklungen hinweg blieb ein Grundprinzip bestehen: Energie in Form von Strom, Gas und Fernwärme wurden stets von der Erzeugung weg hin zu den Verbrauchern geliefert. Bis jetzt. Die Energiewende – das Ende der Kernenergie, der Verzicht auf Kohle und Öl als Energieträger sowie die massive Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien – erfordert heute ein systemisches Umdenken. Die stabile Belieferung vorrangig mit Strom und Gas basiert nicht mehr auf der zentralen Energielieferung aus Kraftwerken, die gleichmäßig Tag und Nacht in Betrieb sind. Die sichere und nachhaltige Energieversorgung basiert zunehmend auf flexiblen, dezentralen Komponenten:

  • der volatilen Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen ins Stromnetz
  • der Speichersysteme zur gesicherten Stromversorgung in Wind- und PV-Mangelzeiten
  • der Umwandlung von Überschussstrom in Wasserstoff
  • der Nutzung von Strom für Mobilität und Wärmeversorgung

Klimatische Bedeutung

Der verstärkte Ausbau erneuerbarer Energien ist entscheidend, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens von 2015 zu erreichen. Die Vertragsparteien – derzeit 195 Staaten und die Europäische Union – haben sich verpflichtet, die Erwärmung der Erdatmosphäre deutlich unter 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten und Anstrengungen zu unternehmen, sie auf 1,5 °C zu begrenzen.

Der durch Menschen verursachte Beitrag zur Erwärmung der Erdatmosphäre bezieht sich auf die Durchschnittstemperatur vor dem industriellen Zeitalter (etwa bis zum Jahr 1770). Allerdings wies der EU-Klimabericht (Copernicus-Bericht 2024) das Jahr 2024 als das wärmste Jahr seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen aus und stellte fest, dass die globale Durchschnittstemperatur dieses Jahres um 1,5 Grad Celsius über der des vorindustriellen Temperaturniveaus lag.

Regenerative Energien helfen dabei, Treibhausgasemissionen zu reduzieren und gleichzeitig die Energieversorgung aller Wirtschaftszweige, der Haushalte und aller anderen gesellschaftlichen Bereiche sicherzustellen. 2024 verursachte die deutsche Energiewirtschaft nur noch Treibhausgasemissionen in Höhe von etwa 185 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten. Dies entspricht einem Rückgang von 61 Prozent im Vergleich zu 1990 und leistet damit einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz.

So wird der Einfluss auf das Klima vergleichbar

CO₂-Äquivalente sind eine Maßeinheit, mit der die Klimawirkung verschiedener Treibhausgase einheitlich dargestellt wird. Verschiedene Treibhausgase wie Methan (CH₄), Lachgas (N₂O) oder fluorierte Gase wirken unterschiedlich stark auf das Klima. Um deren Klimawirkung vergleichen zu können, wird der Effekt jedes Gases auf das Klima in Relation zu Kohlendioxid (CO₂) gesetzt.

Beispiel:
Methan hat auf einen Zeitraum von 100 Jahren ein etwa 28-mal höheres Treibhauspotenzial als CO₂. 1 Tonne Methan entspricht daher etwa 28 Tonnen CO₂-Äquivalenten.

Zu den erneuerbaren Energien zählen:

  • Windenergie an Land (onshore) und auf See (offshore)
  • Solarenergie
  • Wasserkraft
  • Meeresenergie, z. B. Gezeiten-, Wellen- und ozeanthermische Energie
  • Bioenergie
  • Geothermale Energie

Anwendung finden die erneuerbaren Energien nicht nur bei der Stromerzeugung, sondern auch beim Heizen: Mit einer Solarthermieanlage, einer Holzpelletheizung oder einer Erdwärmepumpe beispielsweise können Gebäude klimafreundlich mit Wärme versorgt werden.

Obwohl Anlagen zur Nutzung der erneuerbaren Energien oft noch teuer sind, lohnt sich die Anschaffung langfristig: Hohe Einkaufspreise beispielsweise für Öl und Gas werden dafür sorgen, dass Wärme aus erneuerbaren Energien langfristig günstiger ist.

Herausforderungen der Energiewende

Im Energiesystem der Vergangenheit wurden Strom und Wärme meist aus fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas erzeugt. Dabei wurde genau so viel Energie bereitgestellt, wie Industrie, Gewerbe, Verkehr, Haushalte und andere Bereiche gerade benötigten. Die Erzeugung und der Verbrauch waren zeitlich genau aufeinander abgestimmt.

Das Energiesystem von heute und morgen wird durch die variablen – auch „volatilen“ oder „fluktuierenden“ genannt – erneuerbaren Energien bestimmt. Um weiter zuverlässig Strom und Wärme für alle zu liefern, wird unser Energiesystem nach und nach komplett umgestellt: Die Energiewende integriert immer mehr erneuerbare Energien in die Energieversorgung und das Energiesystem wird flexibel.

Die Kopplung von Strom-, Wärme- und Verkehrssektor vergrößert die Nutzungsmöglichkeiten für erneuerbare Energien und steigert die Effizienz des Energiesystems. Erneuerbare Energien, steuerbare Kraftwerke, Strom-, Wärme-, Wasser- und Wasserstoffspeicher, Elektrofahrzeuge, Industrie, Gewerbe und alle anderen Verbraucher beeinflussen einander. Das heißt, fehlen erneuerbare Energien im Energiesystem, können alle anderen Komponenten flexibel darauf reagieren. Die Kopplung von Strom-, Wärme- und Verkehrssektor erhöht die Möglichkeit, die variabel verfügbaren erneuerbaren Energien zu nutzen. Speichertechnologien spielen dabei eine zentrale Rolle, weil sie Schwankungen ausgleichen können und unterstützen, dass der Energiebedarf möglichst nachhaltig gedeckt wird. Ziel ist es, Angebot und Nachfrage nach Energie im Gleichgewicht zu halten.

Herausforderungen der Nutzung der erneuerbaren Energien

Erneuerbare Energien stehen überall auf der Welt zur Verfügung. Ihre Nutzung ist stark von geografischen Voraussetzungen und technischen Möglichkeiten abhängig:

  • Windkraft steht besonders auf Freiflächen zur Verfügung, z. B. auf dem Meer oder auf Ackerflächen.
  • Solarenergie ist im sogenannten Sonnengürtel der Erde reichlich vorhanden. Allerdings kann Solarenergie bei Wolken und nachts wenig bis gar nicht genutzt werden.
  • Wasserkraftwerke benötigen fließende Gewässer; Pumpwasserwerke benötigen große Staubecken.
  • Geothermische Energie bezeichnet die in der Erdkruste gespeicherte Wärme; sie ist besonders in Gebieten mit Vulkanaktivität verfügbar.
  • Biomassekraftwerke sind auf organische Stoffe wie Holz, Raps, Mais oder Bioabfälle angewiesen.

Durch den stetig wachsenden Energiebedarf werden neben den konventionellen Energieträgern die erneuerbaren Energien immer mehr erschlossen. Experten haben dafür nicht nur entsprechende Technik entwickelt, sondern diese technischen Anlagen effizienter, robuster und leistungsfähiger gemacht. Trotzdem bleiben Herausforderungen bestehen.

Zentrale Aspekte für den Ausbau erneuerbarer Energien

Wetterabhängigkeit

Die Energieerzeugung durch Solaranlagen hängt von der Sonneneinstrahlung ab, die wetter- und tageszeitabhängig ist. Nachts oder bei starker Bewölkung wird kein oder nur wenig Solarstrom erzeugt. Windenergieanlagen benötigen Wind in ausreichender Stärke, der nicht immer konstant weht. Flauten oder extreme Stürme können die Energieproduktion beeinträchtigen. Man spricht hier auch von „Dunkelflaute“. Schwankungen bei Wind- und Solarenergie erfordern Flexibilitäten im Stromsystem, wie Stromspeicher, Technologien der Sektorkopplung (Stromumwandlung in Gas oder Wärme) und ein intelligentes Lastmanagement (Stromverbrauch).

Flexibilisierungs- und Infrastrukturkosten (Strukturwandelkosten)

Der Umstieg auf erneuerbare Energien mit schwankender Stromerzeugung macht den Ausbau und die Modernisierung des Stromnetzes nötig – vor allem für lange Transportwege. Das Netz wird digitaler und automatisierter, damit Erzeugung und Verbrauch besser zusammenpassen. Überschüssiger Strom kann in Batterien oder Pumpspeichern zwischengespeichert werden. Kombinierte Anlagen helfen, Schwankungen auszugleichen. Das kostet anfangs viel, bringt aber langfristig einen großen Nutzen: ein nachhaltiges und günstiges Energiesystem.

Flächenbedarf

Wind- und Solarparks brauchen viel Platz. Das kann zu Konflikten mit Landwirtschaft oder Naturschutz führen. Deshalb wird bei der Flächenauswahl genau geprüft, dass möglichst wenige Nachteile für Mensch und Natur entstehen.

Umweltauswirkungen

Für den Bau von Solarmodulen, Batterien und Windrädern werden viele verschiedene Rohstoffe gebraucht – etwa Seltene Erden, Lithium, Stahl oder Kupfer. Der Abbau und die Verarbeitung können Umwelt und Menschen belasten. Auch beim Bau der Anlagen selbst können Natur und Lebensräume gestört werden. Nach einigen Jahren müssen die Anlagen ersetzt und recycelt werden – trotz strenger Umweltvorgaben ist die Umweltbilanz noch nicht ganz ausgeglichen.