Unser heutiges Energiesystem ist das Ergebnis einer etwa 200-jährigen Entwicklung.
Heidelberg GmbH/CC BY 3.0
Doch über alle Entwicklungen hinweg blieb ein Grundprinzip bestehen: Energie in Form von Strom, Gas und Fernwärme wurden stets von der Erzeugung weg hin zu den Verbrauchern geliefert. Bis jetzt. Die Energiewende – das Ende der Kernenergie, der Verzicht auf Kohle und Öl als Energieträger sowie die massive Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien – erfordert heute ein systemisches Umdenken. Die stabile Belieferung vorrangig mit Strom und Gas basiert nicht mehr auf der zentralen Energielieferung aus Kraftwerken, die gleichmäßig Tag und Nacht in Betrieb sind. Die sichere und nachhaltige Energieversorgung basiert zunehmend auf flexiblen, dezentralen Komponenten:
Der verstärkte Ausbau erneuerbarer Energien ist entscheidend, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens von 2015 zu erreichen. Die Vertragsparteien – derzeit 195 Staaten und die Europäische Union – haben sich verpflichtet, die Erwärmung der Erdatmosphäre deutlich unter 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten und Anstrengungen zu unternehmen, sie auf 1,5 °C zu begrenzen.
Der durch Menschen verursachte Beitrag zur Erwärmung der Erdatmosphäre bezieht sich auf die Durchschnittstemperatur vor dem industriellen Zeitalter (etwa bis zum Jahr 1770). Allerdings wies der EU-Klimabericht (Copernicus-Bericht 2024) das Jahr 2024 als das wärmste Jahr seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen aus und stellte fest, dass die globale Durchschnittstemperatur dieses Jahres um 1,5 Grad Celsius über der des vorindustriellen Temperaturniveaus lag.
Regenerative Energien helfen dabei, Treibhausgasemissionen zu reduzieren und gleichzeitig die Energieversorgung aller Wirtschaftszweige, der Haushalte und aller anderen gesellschaftlichen Bereiche sicherzustellen. 2024 verursachte die deutsche Energiewirtschaft nur noch Treibhausgasemissionen in Höhe von etwa 185 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten. Dies entspricht einem Rückgang von 61 Prozent im Vergleich zu 1990 und leistet damit einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz.
CO₂-Äquivalente sind eine Maßeinheit, mit der die Klimawirkung verschiedener Treibhausgase einheitlich dargestellt wird. Verschiedene Treibhausgase wie Methan (CH₄), Lachgas (N₂O) oder fluorierte Gase wirken unterschiedlich stark auf das Klima. Um deren Klimawirkung vergleichen zu können, wird der Effekt jedes Gases auf das Klima in Relation zu Kohlendioxid (CO₂) gesetzt.
Beispiel:
Methan hat auf einen Zeitraum von 100 Jahren ein etwa 28-mal höheres Treibhauspotenzial als CO₂. 1 Tonne
Methan
entspricht daher etwa 28 Tonnen CO₂-Äquivalenten.
Zu den erneuerbaren Energien zählen:
Anwendung finden die erneuerbaren Energien nicht nur bei der Stromerzeugung, sondern auch beim Heizen: Mit einer Solarthermieanlage, einer Holzpelletheizung oder einer Erdwärmepumpe beispielsweise können Gebäude klimafreundlich mit Wärme versorgt werden.
Obwohl Anlagen zur Nutzung der erneuerbaren Energien oft noch teuer sind, lohnt sich die Anschaffung langfristig: Hohe Einkaufspreise beispielsweise für Öl und Gas werden dafür sorgen, dass Wärme aus erneuerbaren Energien langfristig günstiger ist.
Im Energiesystem der Vergangenheit wurden Strom und Wärme meist aus fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas erzeugt. Dabei wurde genau so viel Energie bereitgestellt, wie Industrie, Gewerbe, Verkehr, Haushalte und andere Bereiche gerade benötigten. Die Erzeugung und der Verbrauch waren zeitlich genau aufeinander abgestimmt.
Das Energiesystem von heute und morgen wird durch die variablen – auch „volatilen“ oder „fluktuierenden“ genannt – erneuerbaren Energien bestimmt. Um weiter zuverlässig Strom und Wärme für alle zu liefern, wird unser Energiesystem nach und nach komplett umgestellt: Die Energiewende integriert immer mehr erneuerbare Energien in die Energieversorgung und das Energiesystem wird flexibel.
Die Kopplung von Strom-, Wärme- und Verkehrssektor vergrößert die Nutzungsmöglichkeiten für erneuerbare Energien und steigert die Effizienz des Energiesystems. Erneuerbare Energien, steuerbare Kraftwerke, Strom-, Wärme-, Wasser- und Wasserstoffspeicher, Elektrofahrzeuge, Industrie, Gewerbe und alle anderen Verbraucher beeinflussen einander. Das heißt, fehlen erneuerbare Energien im Energiesystem, können alle anderen Komponenten flexibel darauf reagieren. Die Kopplung von Strom-, Wärme- und Verkehrssektor erhöht die Möglichkeit, die variabel verfügbaren erneuerbaren Energien zu nutzen. Speichertechnologien spielen dabei eine zentrale Rolle, weil sie Schwankungen ausgleichen können und unterstützen, dass der Energiebedarf möglichst nachhaltig gedeckt wird. Ziel ist es, Angebot und Nachfrage nach Energie im Gleichgewicht zu halten.
Erneuerbare Energien stehen überall auf der Welt zur Verfügung. Ihre Nutzung ist stark von geografischen Voraussetzungen und technischen Möglichkeiten abhängig:
Durch den stetig wachsenden Energiebedarf werden neben den konventionellen Energieträgern die erneuerbaren Energien immer mehr erschlossen. Experten haben dafür nicht nur entsprechende Technik entwickelt, sondern diese technischen Anlagen effizienter, robuster und leistungsfähiger gemacht. Trotzdem bleiben Herausforderungen bestehen.
Die Energieerzeugung durch Solaranlagen hängt von der Sonneneinstrahlung ab, die wetter- und tageszeitabhängig ist. Nachts oder bei starker Bewölkung wird kein oder nur wenig Solarstrom erzeugt. Windenergieanlagen benötigen Wind in ausreichender Stärke, der nicht immer konstant weht. Flauten oder extreme Stürme können die Energieproduktion beeinträchtigen. Man spricht hier auch von „Dunkelflaute“. Schwankungen bei Wind- und Solarenergie erfordern Flexibilitäten im Stromsystem, wie Stromspeicher, Technologien der Sektorkopplung (Stromumwandlung in Gas oder Wärme) und ein intelligentes Lastmanagement (Stromverbrauch).
Der Umstieg auf erneuerbare Energien mit schwankender Stromerzeugung macht den Ausbau und die Modernisierung des Stromnetzes nötig – vor allem für lange Transportwege. Das Netz wird digitaler und automatisierter, damit Erzeugung und Verbrauch besser zusammenpassen. Überschüssiger Strom kann in Batterien oder Pumpspeichern zwischengespeichert werden. Kombinierte Anlagen helfen, Schwankungen auszugleichen. Das kostet anfangs viel, bringt aber langfristig einen großen Nutzen: ein nachhaltiges und günstiges Energiesystem.
Wind- und Solarparks brauchen viel Platz. Das kann zu Konflikten mit Landwirtschaft oder Naturschutz führen. Deshalb wird bei der Flächenauswahl genau geprüft, dass möglichst wenige Nachteile für Mensch und Natur entstehen.
Für den Bau von Solarmodulen, Batterien und Windrädern werden viele verschiedene Rohstoffe gebraucht – etwa Seltene Erden, Lithium, Stahl oder Kupfer. Der Abbau und die Verarbeitung können Umwelt und Menschen belasten. Auch beim Bau der Anlagen selbst können Natur und Lebensräume gestört werden. Nach einigen Jahren müssen die Anlagen ersetzt und recycelt werden – trotz strenger Umweltvorgaben ist die Umweltbilanz noch nicht ganz ausgeglichen.